Mietzahlung im Lockdown?

Müssen gewerbliche Mieter, die aufgrund staatlich angeordneter Maßnahmen ihr Mietobjekt nicht mehr nutzen können, weiterhin Miete zahlen und wieviel? Diese Frage hat die Instanzgerichte in den letzten Monaten oft beschäftigt; die Antworten fielen erheblich unterschiedlich aus.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 diese Frage nicht umfassend abschließend geklärt. Er hat aber Grundsätze aufgestellt, nach welchen Kriterien diese Frage in jedem Einzelfall zu klären ist:

Das Gericht stellt zunächst klar, dass die behördliche Untersagung der Öffnung … (des Mietobjekts) keinen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB darstellt. Grundsätzlich können zwar auch gesetzgeberische Maßnahmen zu einem Mangel der Mietsache führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Andere gesetzgeberische Maßnahmen, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchtigen, fallen dagegen in den Risikobereich des Mieters. Vorliegend ist die Schließungsanordnung nicht aufgrund des Zustandes oder anderer Eigenschaften des Mietobjektes ergangen. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft vielmehr an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an.

Allerdings kann ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommen. Entsprechend dieser Rechtsnorm kann eine Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsabschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dabei kann eine Anpassung nur insoweit verlangt werden, als dem einen Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Der BGH stellt hierzu fest, dass sich die Geschäftsgrundlage für den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag durch die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen weitreichenden Beschränkungen des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens schwerwiegend geändert hat. Teilweise vorgenommenen pragmatischen Lösung (z.B. hälftige Risikoverteilung) erteilt das Gericht eine Absage. Erforderlich ist vielmehr eine einzelfallbezogene Prüfung. Dabei ist zunächst von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Andererseits sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter z.B. aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile oder aus einer ggf. einstandspflichtigen Betriebsversicherung erlangt hat.