Die überhöhten (?) Gutachterkosten

Haftpflichtversicherer beweisen ja durchaus eine gewisse Kreativität, wenn es darum geht, Schadenersatzansprüche des durch einen Unfall Geschädigten zu kürzen. In jüngerer Zeit wird dabei u.a. oft um die Kosten der beauftragten Sachverständigen gestritten. Auch hier musste der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.02.2014 – Az: VI ZR 225/13 – weitere klarstellende Grundsätze aufstellen. 

Bei der Regulierung eines Unfallschadens ist es regelmäßig erforderlich, einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens zum Umfang und der Höhe des Fahrzeugschadens zu beauftragen. Bereits längere Zeit ist geklärt, dass ein Geschädigter – zumindest bei umfangreichen Beschädigungen – einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen darf und von dem Schädiger bzw. dessen Versicherung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann. Als erforderlich sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde.

Das bedeutet: immer dann,  wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht verpflichtet, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Dies bedeutet allerdings gerade nicht, dass der Geschädigte zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten hätte, als ob er den Schaden selbst tragen müsste.

Bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben. Auch dies war bereits längere Zeit geklärt. Da Versicherer dennoch dem Geschädigten wiederholt – zumeist pauschal – vorwarfen, er habe gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen, enthält die vorliegende Entscheidung weitere klarstellende Worte:

Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung “erforderlichen” Betrags im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der – vor dem Hintergrund der subjektbezogenen Schadensbetrachtung relevanten – beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gutachterkosten auch für den Geschädigten deutlich erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegt.

Dem Schädiger bzw. dessen Versicherung verbleibt in jedem Falle die Möglichkeit darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte. Allein der Umstand, dass die vom Schadensgutachter vorliegend abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten, rechtfertigt die Annahme eines solchen Verstoßes des Klägers allerdings noch nicht. Insbesondere ist das zumeist praktizierte einfache pauschale Bestreiten nicht zulässig.

Eigentlich klare und einleuchtende Worte. Dennoch kürzen Versicherer weiterhin pauschal oder unter Bezug auf veraltete Instanzenrechtsprechung entsprechende Kosten. Geschädigten ist daher selbst bei Unfällen, in denen die Haftung dem Grunde nach eindeutig scheint, aufgrund dieses Versichererverhaltens dringend zu empfehlen, anwaltlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die ihnen zustehenden Ansprüche tatsächlich und in zutreffender Höhe zu erlangen.